Dorothee Naglik studiert Maschinenbau im 6. Semester. Für sie das Normalste der Welt – die Statistik sieht das anders: unter den 120 Studienanfängern befinden sich i.d.R. 8-10 Frauen. Relativ gesehen sind Frauen erfolgreicher im Maschinenbau-Studium. Vielleicht, weil Frauen die Wahl eines technischen Studiengangs in ihrem Umfeld immer wieder rechtfertigen müssen? Dorothee Naglik hat gegensätzliche Erfahrungen gemacht. „Rechtfertigen musste ich mich gar nicht. Die meisten Leute die mich angesprochen haben, sagten: das passt doch!“

Wie  kam sie auf die Idee, Maschinenbau zu studieren?
„Ich habe schon immer gerne geschraubt. Mit vier, nachdem ich von meiner Oma das Nähen beigebracht bekommen habe, war mir klar: so eine Arbeit mag ich nicht, ich möchte lieber am PC und am Auto arbeiten. So hat alles angefangen.“ Von der Realschule ging es auf das Wirtschaftsgymnasium, was bei den Interessen etwas verwundert. „Ich bin nicht nach den Fächern gegangen, ich habe die Schule betreten, habe die Lehrer kennen gelernt und ich habe mich dort direkt wohlgefühlt. Die Atmosphäre stimmt, hier passt du hin, hier bleibst du.“ Schnell wird ihr klar, dass Wirtschaft nicht ihre Welt ist.

Nach dem Abitur absolvierte sie eine Lehre zur Industriemechanikerin und ging dann an die htw saar. Gab es niemanden, der sie davon abbringen wollte, etwas Technisches zu erlernen oder Maschinenbau zu studieren? „Im Gegenteil, meine Eltern haben mich mehr oder weniger reingeschubst. Die waren total aus dem Häuschen. Ursprünglich wollte ich ja Psychologie studieren. Damit hatten meine Eltern ein ganz großes Problem. Ich hatte zwei Interessensgebiete:  alles Technisch-Mechanische und Interesse an Menschen. Ich habe schon immer gerne Menschen beobachtet und analysiert. Schließlich habe ich mich für den Maschinenbau entschieden.“

Und dort für die Vertiefungsrichtung Konstruktion. Die Liebe zur Konstruktion entdeckte sie früh. In ihrer Kindheit meißelte, feilte und hämmerte sie an Gipssteinen. In der Ausbildung zur Industriemechanikerin wurde sie auch konstruktiv gefordert:  So erhielt sie mit drei weiteren Auszubildenden den Auftrag, ein Baumhaus für einen Kindergarten zu bauen. „Wir suchten im Internet nach Bausätzen für Baumhäuser. Nach einer Woche kam der Ausbilder vorbei und fragte, wie der Stand sei. Wir präsentierten unsere Recherche-Ergebnisse. Der Ausbildungsleiter meinte: Kein Bausatz, das macht ihr selbst. Ihr habt ein Budget, müsst die Materialien aussuchen und müsst sehen, wie ihr zurechtkommt. Ein guter Lehrer. Wir haben uns dann an die Sache herangemacht. Wir mussten uns in die Materie hineinarbeiten, von Holz hatten wir gar keine Ahnung. Also haben wir Kontakt mit Förstern aufgenommen und so weiter. Unsere Zeitvorgabe haben wir am Ende nur um eine Woche überzogen. Da stand es: Unser 25 m2 großes selbst konstruiertes und selbst gebautes Baumhaus.“

Wird man als Frau in einem technischen Studiengang anders behandelt? „Gar nicht. Am Anfang gab es eine gewisse Distanz, weil man die Situation von beiden Seiten her nicht einschätzen kann. Aber ansonsten null. Man ergänzt sich gegenseitig. Es kommt immer auf die Personen an. Welche Komplexe stehen auf welcher Seite, wie ist man aufgewachsen. Welche Erziehung hat man mitbekommen, aus welcher Kultur kommt man. Aber in der Regel gar nicht.“

Und wie ist es mit der Mathematik? „Mathematik an sich macht mir ziemlich viel Spaß. Was für mich unglaublich einfach ist, ist das logisch-räumliche Vorstellungsvermögen. Da bin ich dann voll drin. Wenn nur Formeln hingelegt werden, finde ich es anstrengend, bis man verinnerlicht hat, was sie eigentlich aussagen. Bis man die Formeln an sich versteht, was dahinter steckt. Dabei kommt es viel auf den Lehrer an, wie er das vermittelt und veranschaulicht. Das macht viel aus. Ich bin über die Realschule ans Gymnasium gekommen. In der 11. Klasse hatte ich einen genialen Mathelehrer und habe nur Einsen und Zweien geschrieben. Wegen Englisch und Französisch musste ich die 11. Klasse wiederholen. Der gleiche Stoff, anderer Lehrer, nur Fünfen. Ich habe mich wohl auch von ihm einschüchtern lassen. Er hatte ein Problem mit Realschülern, dass sowas aufs Gymnasium geht, man wäre ja nicht ohne Grund auf der Realschule gewesen und würde die anderen in der Klasse nur aufhalten. In dem Alter konnte ich da nicht so einfach drüber stehen. Das hat sich dann durchgezogen bis zum Schluss. Ich bin dann in Mathe ins Mündliche – dachte mir, wenn da noch andere Prüfer sitzen, wird das gut gehen. Ich habe meine Selbstsicherheit wieder und dann kann ich punkten. Dort hatte ich eine Zwei.“

 

Nach dem Bachelor-Abschluss strebt Dorothee Naglik den Master-Studiengang an. „Dann Geld verdienen. So ist mal der Plan.“ Arbeiten möchte sie später im besten Fall in der Konstruktion. „In der Qualitätssicherung fühle ich mich auch wohl. Da geht es um Ursachenforschung, warum ist ein Werkzeug kaputt gegangen, woher kommt der Defekt. Das finde ich sehr interessant. Verschiedene Theorien aufzustellen und in jedem Bereich ein bisschen reinzuforschen und im Ausschlussverfahren zu prüfen, was eigentlich die Ursache ist, dass man ein bisschen das Köpfchen anstrengen kann.“ Und der Job „muss mir richtig Spaß machen, ich muss mich quasi drin verlieren können.“

 

Was ist für sie Vielfalt?
Vielfalt ist ein größtmögliches Spektrum an Unterschiedlichkeiten, die größtmögliche Abwechslung.

 

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