Er kennt sie alle - Markus Towae, seit 1999 Modellbauer in der Modellbauwerkstatt der Schule für Architektur Saar. Im Laufe eines Architektur-Studiums werden nämlich vom ersten Semester an Modelle gebaut, angefangen von kleinen Würfeln zur Schulung des räumlichen Denkens bis hin zu Modellen von Gebäuden mit Außenanlagen. Und dazu kommen alle Studierenden in die Modellbauwerkstatt.
Die Modellbauwerkstatt war, als Markus Towae sie übernahm, ein kleiner Raum, gerade mal sechs auf sechs Meter groß, „mit einer Bastelkreis-Säge, ein paar Werkbänken und etwas Werkzeug sehr spartanisch im Heimwerkerstil eingerichtet,“ erzählt Towae. Als gelernter Industriemodellbauer hatte er es bei Halberg Guss bis dahin mit Motorblöcken, Kurbelwellen, Bremswellen und Maschinenteilen zu tun. Vom Grundgedanken her eine ähnliche Arbeit. Nach einiger Zeit bei einem Saarbrücker Architekturmodellbaubetrieb ging es in den Modellbaubetrieb an der Hochschule.
Mit steigenden Studierendenzahlen im Studiengang Architektur zog die Werkstatt in einen größeren Raum und erhielt einen neuen Maschinenpark. 2016 wechselte sie schließlich mit dem Umzug des Studienbereichs Architektur an den Campus Göttelborn. Heute ist die Werkstatt in der 10KV, dem ehemaligen Umspannwerk der Grube Göttelborn, untergebracht, hat eine Grundfläche von 400 m² und verfügt über eine moderne Ausstattung. Neue Techniken im Modellbau, wie 3D-Drucken oder neue Maschinen bringen die großzügig ausgelegte Werkstatt jedoch wieder an ihre räumlichen Grenzen, so dass in naher Zukunft weitere Flächen erschlossen werden.
Modellbau ist im Architekturbereich essentiell, um die visuelle Darstellung greifbar zu machen. „Das fängt bei den Grundlagen an mit ganz einfachen kleinen Würfeln, dreidimensionalen Modellen, um die räumliche Vorstellung zu schulen. Vieles muss der Architekt im Kopf erstmal denken, dann zeichnen und dem Kunden, dem Bauherrn, präsentieren. Mit Hilfe des Modells kann sich der Bauherr das Projekt aus allen Richtungen ansehen, um eine Vorstellung zu bekommen, wie es später aussehen wird,“ erklärt Towae.
Wie man diese Modelle dann auch tatsächlich baut, lernen die Studierenden in der Werkstatt von Markus Towae. Deshalb haben sie auch die kürzesten Semesterferien, um in dieser Zeit noch an ihren Modellen zu arbeiten – Jedes Semester eine neue Projektarbeit. Zunächst wird alles zeichnerisch auf das Papier gebracht. „Die Studierenden sitzen Stunden, Tage, Nächte am PC und zeichnen die Pläne in A1 und A0. Mit allen Details. Die Maße müssen stimmen, das Projekt muss gut verkauft werden, das ist eine immense Arbeitsleistung“, sagt Towae. Zu diesem Plan kommt dann noch das Modell. Auch hier wird teilweise nächtelang durchgearbeitet – die meisten Modelle werden just-in-time zur Präsentation fertig.
Nicht jeder ist ein geborener Modellbauer. Hier kommen Towae und seine Kollegen Frank Paci und Marcel Keßler ins Spiel. Die Mitarbeiter der Modellbauwerkstatt greifen den Studierenden unter die Arme. „Die Leistung müssen sie selbst erbringen, aber die technische Unterstützung erfahren sie bei uns in der Modellbauwerkstatt,“ erklärt Towae und führt weiter aus: „In der Modellbauwerkstatt bin ich kein Sie, ich bin ein Du. Ich bleibe dabei immer eine Sicherheits- und Aufsichtsperson, wir haben es hier mit einem Werkstattbetrieb zu tun. Hier und da müssen wir eingreifen, aber wenn das Projekt mal läuft und die Studierenden mit den Werkstattregeln vertraut sind, dann ist es ein herzliches Miteinander und man lernt sich gut kennen. Es macht immer wieder aufs Neue Spaß mit den jungen Leuten zusammen zu arbeiten.“ Viele dieser Bande halten über das Studium hinaus.
Wenn man wie das Modellbauteam der htw saar viel mit den Studierenden zusammenarbeitet, erhält man nicht selten private Einblicke. Bspw. was sie aufwenden müssen, um zu studieren. Die Baumaterialien, die Druckkosten - das Architekturstudium ist nicht das günstigste Studium. „Und wenn jemand mit Kind dann den Abschluss macht, und mit Tränen in den Augen vor dir steht und du weißt, wie diese Person gekämpft hat, dann ist das einfach nur schön,“ erzählt Towae und berichtet, wie er und sein Team schon den einen oder anderen vor dem Studienabbruch bewahrt haben. „Das sind schöne Momente, wenn man weiß, dass man gerade das Studium von jemanden eventuell gerettet hat oder den Willen gegeben hat, weiterzumachen, in der Hoffnung, dass er es schafft.“