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Digitalisierungsoffensive für den Mittelstand

Text: Iris Krämer-Schmeer

Ein Tischkicker mitten im Working-Space, 
Baristakaffee mit Crema-Chichi, IT-Nerds im Hoodie  die gängigen Klischees über Start-ups treffen auf ODION so gar nicht zu. Stattdessen ein funktionaler, heller Besprechungsraum und repräsentative Büros als Nährboden für neue Ideen. »Wir sind stark gewachsen. Aus ehemals drei Gründern sind dreizehn Mitarbeiter geworden«, erläutert Geschäftsführer Thomas Butterbach. »Darum haben Malte Jacobi und ich unsere Keimzelle im Gründerzentrum der Hochschule geräumt und nur wenige Meter weiter am InnovationsCampus Saar neue Räume bezogen.« 

2016 ging ODION mit einem EXIST-Gründerstipendium an den Start. Vorausgegangen waren eine mehrjährige Analyse des regionalen Mittelstands durch das Institut für Industrieinformatik und Betriebsorganisation (ibo) an der htw saar und die Erkenntnis, dass kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) einen hohen Nachholbedarf haben, wenn es um die Digitalisierung von Unternehmensprozessen geht. »Durch die Studie hatten wir vom ersten Tag an Kunden«, berichtet Butterbach. »Insofern war der Start von ODION vielleicht nicht typisch für Gründer, die sich ihre Kundschaft erst erarbeiten müssen.« Auch die Geschäftsidee von ODION dürfte maßgeblich zum Erfolg beitragen: Das Unternehmen erstellt sowohl für die klassischen Warenwirtschaftsbereiche (Verkauf, Einkauf und Lager) als auch für die technischen Abteilungen von Konstruktion bis Produktion individuelle Software auf Basis offener Lizenzen. Andere Softwaremodule verarbeiten Zustandsdaten von Werkzeugmaschinen ebenso wie Rückmeldungen aus der Produktion und bieten damit die Grundlage für den digitalen Umstieg auf einen Industrie-4.0-Standard. Dabei ist die Plattform modular aufgebaut, angepasst an den tatsächlichen Betriebsbedarf, durchgängig ohne einen komplexen, programmtechnischen Überbau und hohe Lizenzkosten. Butterbach nennt den Mittelstand erfrischend. »Im Termin kommen die Chefs schnell zur Sache. In 95 Prozent der Fälle sind die Probleme gleich auf dem Tisch und die Anforderungen klar.« Dass er selbst und sein Unternehmen noch jung seien, bei altgedienten Unternehmern gegebenenfalls Skepsis hervorrufen, ficht Butterbach nicht an. »Unsere Kunden sind überwiegend Einzelfertiger, Unternehmen aus dem Metall- und Vorrichtungsbau sowie Werkzeugmacher. Entsprechend ähnelt sich die Aufgabenstellung. Wenn es darum geht, die Produktion, die Intralogistik oder andere Bereiche neu und effizienter abzubilden, merken die Unternehmer sehr schnell, dass wir das Know-how mitbringen.« Insofern, räumt Butterbach ein, hätte auch ein offensives Marketing für sein Unternehmen nie im Vordergrund gestanden. Im Mittelstand gehe es um Vertrauen und echte Referenzen. 

»Mundpropaganda zahlt sich für uns mehr aus als eine aggressive Werbepolitik oder Präsenz in sozialen Medien.« 

Malte Jacobi | technischer Geschäftsführer   Thomas Butterbach | kaufmännischer Geschäftsführer

                                                              
                               

Wachstum durch klare Strukturen und neue Rolle 

Und sonst? »Es gibt viel zu tun, keine Frage«, bestätigt Butterbach augenzwinkernd. »Wir sind sehr schnell gewachsen und haben gemerkt, dass der Organisationsaufwand bei ODION enorm steigt. Sich selbst organisieren, Abläufe zu harmonisieren, das haben wir bis dato eher vernachlässigt«, räumt Butterbach selbstkritisch ein. »Wir können nicht wie zu Anfang einfach alle loslegen. Das Prinzip ›jeder macht alles‹ passt nicht mehr.« Professionalisierung sei nun gefragt. Ebenso wichtig, Aufgaben zu übertragen. Zu den unternehmerischen und technischen Kompetenzen kommen für ihn nun Führungskompetenzen hinzu. »Wir wollen intern Strukturen schaffen, ohne zu formell zu werden.« Die Flexibilität, die ein Start-up ausmacht, soll erhalten bleiben, versichert der studierte Wirtschaftsingenieur. »Es gab Zeiten, da kam ich mir vor wie ein Teller-Jongleur, weil alles gleich wichtig erschien: Ich wollte intern die Fäden in der Hand halten und gleichzeitig sicherstellen, dass wir allen Kunden gerecht werden.« Zunächst habe er gemeinsam mit den Gründern im Unternehmen gearbeitet. Momentan arbeitet er viel am Unternehmen, ohne die Kunden aus den Augen zu verlieren. »Alles eine Frage der persönlichen Entwicklung. Ich probiere mich aus«, erklärt Thomas Butterbach, »und habe viel gelernt. Zum Beispiel mich nicht ständig rückzuversichern.«  

In den ersten Urlauben konnte der Jungunternehmer nicht wirklich abschalten. »Ist vielleicht auch normal, wenn das Start-up in den Anfängen steckt. Mittlerweile klappt das ganz gut.« Oftmals tue der Abstand sogar gut, um Dinge zu Ende zu denken, Entscheidungen zu treffen, neue Wege einzuschlagen. »Dann kommen solche Gedanken ganz von selbst, ohne mich zu belasten oder meine Urlaubsfreude zu schmälern.«  

Von Start-ups lernen gibt es da was? Es seien vor allem die konservativen Mittelständler, die stets auf Nummer sicher gehen wollen und wenig Risikobereitschaft zeigen. »Wer Angst davor hat, etwas falsch zu machen, findet keine Innovation«. Davon ist Geschäftsführer Butterbach überzeugt. 

Fotos: Anneke Dunkhase

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