Die Ukraine und Russland sind meine Heimatländer. Seit ich 2014 nach Saarbrücken gekommen bin, ist Deutschland meine „neue“ Heimat, von der aus ich versuche, den Rest der Welt kennen zu lernen. Mein Name ist Ielizaveta Tkachuk-Frost, ich studiere im 3. Semester Wirtschaftsingenieurwesen an der htw saar und fühle mich als Kosmopolitin.

Da ich bereits einen Abschluss in Bauingenieurwesen in Russland gemacht habe, hätte ich die Möglichkeit gehabt, mich in Saarbrücken für einen Masterstudiengang einzuschreiben, aber meine Deutschkenntnisse schienen mir hierfür noch nicht ausreichend. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen hat mich außerdem mehr gereizt, weil ich meine vorhandenen Kenntnisse in eine neue Richtung vertiefen kann. Auch für meine spätere berufliche Tätigkeit sehe ich darin große Vorteile und freue mich auf spannende Aufgaben. Ich könnte mir z.B. gut vorstellen im Vertrieb zu arbeiten – aber dazu muss ich vor allem meine deutschen und englischen Sprachkenntnisse noch stark verbessern. Das ist nicht immer so ganz einfach, denn mit meinem Mann, der schon als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen ist, spreche ich zuhause Russisch.

Ich bin daher sehr dankbar, dass an der htw saar in vielen Fächern Skripte verteilt werden – in Russland gab es das in dieser Form an der Universität nicht; dort mussten wir alles mitschreiben und auch viele Informationen selbst recherchieren. Darüber hinaus waren alle Prüfungen mündlich. Dass die meisten Prüfungen hier schriftlich sind, ist für mich von großem Vorteil, solange ich mich noch nicht perfekt verständigen kann.

Meine Mutter und mein Vater sind in Russland als Ingenieure tätig. Da mein Vater im Rahmen seiner Promotion Deutsch lernen musste, wusste er, wie schwierig die Sprache zu erlernen ist und hatte Bedenken, als ich erzählte, dass ich in Deutschland studieren wollte. Wie schwierig diese Sprache wirklich ist und wie wichtig es ist, sich verständigen zu können, habe ich aber erst verstanden, als ich dann hier in Deutschland angekommen bin und plötzlich fremd und „sprachlos“ war. Es ist frustrierend, wenn Du Dich als erwachsener Mensch wie ein Kind ausdrücken musst, weil Dir der Wortschatz fehlt. Das ärgert mich immer noch. Und wenn ich müde bin oder mich unsicher fühle, dann will ich gar nichts mehr sagen. Es ist eine sehr wichtige Erfahrung zu sehen, wie abhängig man von dieser Sprache ist und ein großer Anreiz, sie besser zu lernen.

Vorher hatte ich mir darüber keine Gedanken gemacht, da sowohl in der Ukraine, als auch in Russland russisch gesprochen wird. Ich bin ständig von einem in das andere Land gewechselt und ich kann die beiden Länder in mir nicht trennen. Ich liebe die Ukraine, meine Lieblingsstadt in Russland ist St. Petersburg, insbesondere wegen der Architektur.

Unabhängig von dem, was in meinem Pass steht, kann ich deshalb nicht sagen, ob ich Ukrainerin oder Russin bin; eigentlich habe ich zwei Heimatländer. In Deutschland habe ich dann erst verstanden, dass man auch mehr als ein Heimatland haben kann, denn hier fühle ich mich auch zu Hause.

In Deutschland habe ich dann auch erst bewusst wahrgenommen, wie wichtig Vielfalt ist: für mich bedeutet es, dass andere Menschen andere Werte haben, die man kennen und verstehen muss; die Menschen in Saarbrücken haben Werte, Menschen aus anderen Ländern der Welt haben andere Werte,  andere Kulturen, andere Geschichten. Es gibt ein Zitat, dass mir sehr gut gefällt: „Die Welt ist ein Buch, und wer nicht reist, liest davon nicht eine einzige Seite.“ (Augustinus Aurelius, 354 - 430, Bischof von Hippo, Philosoph, Kirchenvater und Heiliger/Anm. der Redaktion)

Ich finde mich 100%-ig in diesem Zitat wieder.

Ich genieße es sehr, hier in Saarbrücken die Möglichkeit zu haben, Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen treffen zu können und ich habe auch schon einige Freundschaften geschlossen. Es ist schön zu sehen, wie unterschiedlich wir sind und ich kann auch von Jedem etwas lernen.

Meine Eltern waren zu Anfang nicht begeistert, dass ich so weit weg nach Deutschland gehe. Jetzt sehen sie aber, dass es mir gut geht und dass mir das Studium Spaß macht. Jetzt sind sie zufrieden.

Saarbrücken gefällt mir gut, die Stadt ist klein, aber schön. Beim Einleben und bei der Studienwahl hat mir das Studienkolleg an der Universität des Saarlandes sehr geholfen; hier wurde ich auch auf die htw saar und die StudienStiftungSaar hingewiesen. Das Deutschlandstipendium, das ich seit einem Jahr von der StudienStiftungSaar erhalte, ist für mich vor allem eine Bestätigung meiner Anstrengungen.

Der Begriff „Kosmopolitin“ charakterisiert mich gut, weil ich der Meinung bin, dass man Barrieren und Grenzen – vor allem auch im Kopf - überwinden muss. Wir sollten verstehen, dass wir alle gleich sind, egal aus welchem Land wir kommen. Wir sind alle Menschen und es gibt gemeinsame moralische Werte für alle Menschen auf der ganzen Welt. Das ist wichtig - wichtiger als Herkunft, Religion oder Geschlecht.

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