Der Verein Familie in der Hochschule e.V. hat gemeinsam mit dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) die Familiengerechtigkeit an deutschen Hochschulen untersucht. Für diese Studie befragten die Autor*innen im Sommer 2020 Familienverantwortliche an sechs deutschen und einer österreichischen Hochschule. Im Fokus standen dabei familienorientierte Strukturen an den Hochschulen, die sich während der Pandemie besonders bewährt haben oder in dieser Zeit neu entwickelt wurden.
Die Studie zeigt deutlich, dass vor allem die Hochschulen gut durch die Pandemie gekommen sind, bei denen das Thema Familiengerechtigkeit auf Hochschulleitungsebene gut strukturell verankert ist. Für solche Hochschulen war es leichter, ad hoc neue Unterstützungsinstrumente zu schaffen oder bestehende Maßnahmen, wie die Arbeit im Homeoffice, auszubauen. Eine Erkenntnis, die die Erfahrungen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) bestätigen: an der htw saar gab es bspw. vor der Pandemie eine Homeoffice Regelung, die für den Pandemiefall direkt erweitert werden konnte. So hat die Hochschule schnell auf den ersten Lockdown im März 2020 reagieren können, ohne wertvolle Zeit zu verlieren oder die Kernprozesse in der Verwaltung zu vernachlässigen.
Die Studie hat ebenfalls gezeigt, dass auch die Flexibilisierung in der Hochschulverwaltung in deutlich stärkerem Maße möglich ist als bisher angenommen. Die Annahme, dass für Verwaltungstätigkeiten im Gegensatz zu wissenschaftlicher Arbeit Präsenz erforderlich ist, ist laut Studie überholt. In beiden Bereichen kann es konkrete Tätigkeiten geben, die am Arbeitsort besser funktionieren, aber in beiden Tätigkeitsfeldern ist Arbeit im Homeoffice möglich. Die Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice birgt ein großes Potential für die Freisetzung von Zeitressourcen, die den Familienalltag erleichtern können. Sie sollte daher von allen Beschäftigten – dort wo es möglich ist – gleichermaßen genutzt werden können.
„Familien stehen derzeit durch die Doppelbelastung von Homeoffice in Kombination mit gesteigerter Care-Arbeit enorm unter Druck," so Sandra Wiegand vom Familienbüro der htw saar. „Wie versuchen hier möglichst unbürokratisch zu unterstützen, z.B. durch einen Zuschuss zur privaten Kinderbetreuung auch für Studierende oder Coachings für Beschäftigte zu Vereinbarkeit von Beruf und Home Schooling."
Die Pandemie hat, wie die Studie feststellte, vorhandene Missstände deutlich zu Tage gefördert: Die bereits bestehende Benachteiligung von Professorinnen und weiblichem wissenschaftlichem Nachwuchs wurde durch die Doppelbelastung während der Pandemie besonders offenkundig, da die sogenannte Care-Arbeit, also Pflegetätigkeiten oder Kinderbetreuung, in dieser Zeit vermehrt von Frauen aufgefangen wurde.
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