Eine htw saar-Studie zur Unternehmensnachfolge im Mittelstand zeigt, dass die altersbedingte Unternehmensnachfolge im Saarland zunehmend ins Stocken gerät. Bleibt dieser Trend bestehen, drohe laut Studie der Verlust von bis zu 5000 Arbeitsplätzen. Die sogenannte KMU-Studie 2024 wurde von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) initiiert und vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie unter Minister Jürgen Barke sowie der Handwerkskammer des Saarlandes und der saarländischen Industrie- und Handelskammer unterstützt.
Hintergrund der Studie
Laut KfW-Research sind fast 40 Prozent der Geschäftsführer in eigentümergeführten Unternehmen in Deutschland älter als 60 Jahre. Bereits im Jahr 2022 prognostizierte das Institut für Mittelstandsforschung Bonn, dass im Saarland bis 2026 rund 2100 Unternehmen zur Nachfolge anstehen. Auf Basis aktueller Zahlen errechnet die Studie, dass dadurch bis zu 5000 Arbeitsplätze gefährdet sind. „Die Studie haben wir nicht nur aus wissenschaftlichem Interesse durchgeführt, sondern weil wir Optimierungspotential für den Prozess der Unternehmensnachfolge identifiziert haben und Empfehlungen aussprechen wollen. So gibt es beispielsweise für die Nachfolgeproblematik in Unternehmen – anders als bei Gründungen – bisher keine gezielten Förderprogramme“, sagt Prof. Dr.-Ing. Jürgen Griebsch, der die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Andy Junker initiiert und wissenschaftlich begleitet hat.
Ergebnisse der Studie
Die 2024 durchgeführte Untersuchung befragte 171 Personen, darunter Unternehmer, Übernehmer sowie beratende Dritte im Saarland. Das Durchschnittsalter der übergabebereiten Unternehmer liegt bei 61,7 Jahren und ist damit fast drei Jahre höher als noch 2009. Auffällig ist, dass die interne Nachfolge durch Familienmitglieder rückläufig ist: Nur 40 Prozent der geplanten Übergaben erfolgen innerhalb der Familie oder Firma, bei bereits vollzogenen Übergaben waren es noch 56 Prozent.
Die Folge: Fremdkapitalbedarf und Finanzierungsdruck steigen. Fördermittel werden bislang kaum genutzt, weil viele Unternehmer bürokratische Hürden beklagen und den Informationsstand als unzureichend bewerten. Steuerberater sind zwar in über zwei Drittel Prozent der Fälle eingebunden, doch Institutionen wie Kammern oder Banken spielen bisher nur eine Nebenrolle.
Ein zentrales Konfliktfeld bildet dabei laut Studie die Bewertung des Unternehmens. Während Kundenbeziehungen und Wettbewerbsfähigkeit von allen Seiten hoch eingeschätzt werden, bewerten Seniorunternehmer die finanzielle Leistungsfähigkeit deutlich positiver als Nachfolger. Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerungen spielen dagegen kaum eine Rolle – ein Indiz für fehlende Veränderungsbereitschaft vieler Altgesellschafter.
Handlungsmuster und Konflikte
Die Studie zeigt, dass Verhaltensmuster in den Nachfolgeprozessen tief verankert sind. Seniorunternehmer, die noch übergeben wollen, legen stärkeren Wert auf Stabilität und Distanz, während Nachfolger stärker auf Veränderung ausgerichtet sind. Weil sich diese Muster im Rahmen des Nachfolgeprozesses ändern können, sind Spannungen häufig vorprogrammiert, die die Verhandlungen und einen erfolgreichen Abschluss erschweren. Hinzu kommen Asymmetrien bei Informationen, Ressourcen und Einflussmöglichkeiten, die häufig zu strategischen Konflikten führen.
In den Kommentaren der Befragten spiegelt sich das: Junge Übernehmer beklagen hohe Erwartungen an die Fehlerfreiheit von Unternehmen, während ältere Unternehmer die Qualifikation der Nachfolger in Frage stellen. Solche Gegensätze gefährden erfolgreiche Übergaben.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die KMU-Studie 2024 bestätigt die Ergebnisse etablierter Institutionen und erweitert sie um eine differenzierte Analyse der Nachfolgesituation im Saarland. Sie schlägt vor, dass neutrale und erfahrene Vermittler institutionell verankert werden sollten, um Konflikte zu entschärfen und Übergaben erfolgreich zu begleiten. Als mögliche Lösung schlägt die Studie ein öffentlich gefördertes Innovations-Modell für die Unternehmensnachfolge (IMUN) vor. Dieses bonifiziert Leistungen des Übernehmers und mindert letztendlich die Kaufpreiszahlung, wenn er nach erfolgter Übergabe mit innovativen Produkten, Dienstleistungen oder neuen Geschäftsmodellen neue Arbeitsplätze aufbauen und auf diese Weise zusätzliche Steuereinnahmen erzielen konnte.
Entscheidend bleibt jedoch, dass alle Beteiligten über Führungskompetenz verfügen, interdisziplinär arbeiten und eine transparente Kommunikation sicherstellen.
„Der Erhalt bestehender Unternehmen muss stärker gefördert werden. Unternehmensnachfolge sichert Arbeitsplätze, regionale Strukturen und Lieferketten und trägt nachhaltig zur Wettbewerbsfähigkeit bei“, betont Jürgen Griebsch.
Sie finden die veröffentlichte Studie unter https://www.ifuws.de/