Das Interview mit Prof. Dr. Frank Rückert zum Thema Wasserstoff haben Linda und Jana am 10. Juni 2022 geführt.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie selbst in drei Hashtags oder Schlagwörtern:
#Energieffizienz, #reversible Prozesse, #Wasserstoff
Wasserstoff ist Ihr großes Thema. Warum ist für Sie Wasserstoff die Energie der Zukunft?
Wenn Sie das aus der Chemie heraus betrachten, ist bei Kohle, Erdöl oder Erdgas immer das Kohlenstoffatom mit dabei. Davon müssen wir weg, wir müssen verhindern, dass CO2 in die Atmosphäre rein getragen wird. Hier ist meiner Meinung nach Wasserstoff der beste Weg. Wasserstoff lässt sich speichern, Wasserstoff lässt sich in Energie umsetzen und es findet einfach kein Kohlenstofftransport statt.
Verstehen die Studierenden das?
Die Studierenden wissen das nicht alle. Wo kein Kohlenstoff-Atom da ist, kann auch keins frei werden, leuchtet aber jedem ein. Wichtig ist, dass man einfache Versuche mit ihnen macht und praktische Übungen durchführt, in denen sie selber zum Beispiel Wasserstoff erzeugen können.
Wo sind die Gefahren von Wasserstoff, also Gefahren auch im Sinne von Akzeptanz, Umsetzbarkeit, Investitionsvolumen?
Bei Wasserstoff gibt es zurzeit ein Problem, das ist ähnlich wie früher beim gelben Sack: die ganzen Kreisläufe müssen erstmal loslaufen. Das heißt an vielen Stellen, wo vielleicht Wasserstoff verwendet wird, kommt der teilweise noch aus fossilen Energieträgern. D.h. er wird mit Hilfe von Energie, die über Erdgas oder Erdöl gewonnen wird, hergestellt.
Ich denke, dass das eine Übergangsphase ist. Das Ziel muss natürlich sein, den Wasserstoff nachhaltig über erneuerbare Energien herzustellen, aus Wind, Sonne oder anderen erneuerbaren Energien.
Das zweite Problem ist die Diffusivität. Ich habe ganz gute Kontakte in die Automobilindustrie zum Beispiel zu Bosch, weil ich da lange gearbeitet habe. Sie setzen voll auf Wasserstoff. Gerade am Standort Homburg wird sehr viel Richtung Wasserstoff gemacht. Wasserstoff hat eine höhere Energiedichte als zum Beispiel Erdgas oder Benzin und ist auch reaktiver und zündet auch schneller. Das ist etwas, wovor man früher sehr oft Angst hatte, aber auf der anderen Seite ist auch die Diffusivität von Wasserstoff wesentlich höher. Das heißt, er diffundiert auch wieder schneller weg. Das sind eigentlich Effekte, die diese Gefährlichkeit auch wieder reduzieren. Als Beispiel: wenn eine Methanwolke an einer Stelle bleibt und dort reagiert, dann ist der Wasserstoff unter Umständen schon längst weiter diffundiert und gar nicht mehr reaktionsfähig, da er verdünnt wurde.
Der Wasserstoff ist meiner Meinung nach, wenn er in die Atmosphäre geht, nicht schädlich, weil er sich relativ schnell auch wieder zu Wasser, zu H2O umwandelt. Bisher sind mir bei Wasserstoff auch keine klimaschädlichen Effekte bekannt. Im Gegensatz zu CO2 oder Methan, die ja erwiesenermaßen praktisch einen hohen Effekt auf das Klima haben.
Ein weiteres Plus: Wasserstoff ist überall dort verfügbar, wo Wasser vorhanden ist. Es ist das häufigste Element und auch das leichteste Elemente mit der kleinsten Atommasse.
Wo stehen wir in zehn Jahren?
Es ist geplant, dass wir in zehn Jahren zum Beispiel die Automobile elektrifiziert haben und meine Vorstellungen im Bezug auf zum Beispiel Mobilität von Autos oder Fahrzeugen wäre, dass wir in zehn Jahren einen gesunden Mix haben. Ich sehe da durchaus noch Verbrenner, gerade für schwere Arbeiten. Diese fahren dann vielleicht mit Biodiesel, der ja auch nachhaltig ist. Dazu ein gesunder Mix aus Autos die Lithiumionenakkus haben und Autos mit Brennstoffzellen.
Ich denke, es wäre gut, divers zu bleiben und sich jetzt nicht auf einen Weg festzulegen. Das wäre mein Wunsch an die Zukunft.