Das Interview mit Prof. Dr. Marc Deissenroth-Uhrig haben Linda und Jana am 22. Juni 2022 geführt.
Herr Deissenroth-Uhrig, beschreiben Sie bitte das Thema Nachhaltigkeit aus Ihrer Sicht in drei Hashtags:
#Effizienz, #erneuerbare Energien, #zukunftsorientiert
Ein eigener Studiengang „Erneuerbare Energien“ ist schon ein ziemliches Statement, dass erneuerbare Energien vielversprechend für die Zukunft sind. Wie können wir uns den Studiengang vorstellen?
Wir sind eine ingenieurwissenschaftliche Fakultät, deswegen liegt der Fokus ganz klar auf dem Technischen. Also: „Wie setze ich eine Windenergie- oder Photovoltaik-Anlage um?“ oder „Wie kann ich aus der Solarstrahlung Wärme gewinnen?“
Wir müssen die Energie, die wir von der Sonne bekommen, sinnvoll nutzen. Unsere Studierenden lernen, wie sie das technisch umsetzen können. Natürlich betrachten wir in Vorlesungen auch energiewirtschaftliche Aspekte. Letztendlich muss das bezahlbar und ökonomisch vertretbar sein.
Für die meisten Leute, kommt der Strom aus der Steckdose. Das 7. Ziel für nachhaltige Entwicklung von den vereinten Nationen ist, bezahlbare und saubere Energie zu fördern. Kann Deutschland die Energiewende gelingen?
Das hoffe ich und das denke ich auch. Wir haben einen langen Weg vor uns. Gerade die jüngsten äußeren Umstände pushen die Entwicklung. Zumindest Strom sollte zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommen. In den Bereichen, in denen wir es nicht schaffen, mit Erneuerbaren zu arbeiten, müssen wir zumindest treibhausgasneutral werden.
Was genau möchten Sie Ihren Studierenden im Studiengang vermitteln?
Ich versuche den Studierenden erstmal beizubringen, wie wichtig die regenerative Energienutzung ist. Dazu ist es wichtig zu verstehen, wie stark unser Leben von Energie abhängt. Ohne Energie wären wir nichts. Ihre Uhr läuft mit Energie, Ihr Tablet, Ihr PC, Ihr Streaming-Dienst. Alles braucht Energie. Und der Strom muss irgendwo herkommen. Vielleicht sind Sie heute mit dem Bus oder mit dem Auto gekommen, das braucht Energie, der Kühlschrank zuhause benötigt Energie und und und.
Im nächsten Schritt geht es darum, wie wir die regenerative Energie, die uns in Überfluss gegeben ist, sinnvoll nutzen. Vor allem möchte ich aber, dass die Studierenden kritisches Denken lernen, dass sie Aufgaben reflektieren. Ist das jetzt eine sinnvolle Aufgabe oder wie kann ich diese lösen? Nur dann werden sie auch gute Ingenieure, wenn sie selbstständig und kritisch denken.
Was können andere Studierende tun, die kein Geld für Elektroautos oder Solarpaneele haben?
Jeder kann dazu beitragen. Fahrrad fahren, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Strom sparen, indem man das Licht in nicht genutzten Räumen ausmacht - die Klassiker, die es schon seit vielen Jahren gibt.
Aber auch Kleinigkeiten helfen: Muss die Kaffeemaschine jetzt noch an sein, weil ich in zwei Stunden einen Kaffee trinke oder kann ich sie dann nicht wieder anmachen? Wer ganz hart im Nehmen ist, kann ja auch einfach mal kalt duschen, aber da zähle ich mich auch nicht dazu.
Welche Frage hätten Sie sich denn gewünscht, dass wir sie Ihnen stellen?
Also ich möchte auf jeden Fall unterstützen, dass wir nachhaltig leben und uns und unser Normal hinterfragen. Vielleicht braucht ja nicht jeder ein eigenes Auto. Vielleicht können wir mehr Car-Sharing machen? Vielleicht brauchen wir auch nicht alle drei Jahre ein neues Handy, diese Sachen. Ich glaube wir können nachhaltig leben in einem guten Sinne, ohne dass wir schlechter leben. Wir müssen nur manchmal unseren Lebensstandard hinterfragen. Wenn wir da ein paar andere Ansätze finden, ein bisschen weg von dem ganz Individuellen gehen, dann können wir schon viel schaffen. Einfach durch ein bisschen andere Verhaltensweisen.