Interview mit Prof. Dr. Christian Conrad
Nennen Sie uns drei Hashtags/Schlagwörter, die für Sie den Begriff Nachhaltigkeit beschreiben oder zusammenfassen.
Zukunftsunversehrtheit, ethisches Verhalten und langfristiges interessenausgewogenes Wirtschaften.
Wo liegen die Schwerpunkte in Ihrem Modul “Unternehmerische Verantwortung” und was sollen Studierende, die diese Vorlesung hören, mitnehmen?
Das Modul „Unternehmerische Verantwortung“ besteht aus den Teilmodulen Wirtschaftsethik und Klimaschutz. Zu den Leitmotiven der htw saar Business School gehört die Unterstützung einer Persönlichkeitsbildung. Hierzu gehört auch Ethos. Ethos ist die bewusste Einbeziehung von ethischen Werten in das eigene Verhalten. Es geht darum, dass die Studierenden von sich aus zu der Entscheidung kommen: ja es lohnt sich, sich ethisch zu verhalten. Im Modul zeige ich die Produktivitätswirkungen von Ethik. Sowohl in dem Unternehmen selbst, als auch zwischen den Mitarbeitern, aber auch gegenüber der Gesellschaft, also Dritten. Es ist das Anliegen der Wirtschaftsethik, dass Wirtschaften nachhaltig wird, dass langfristig alle Menschen und die Gesellschaft glücklich zusammenleben können.
Das Modul nennt sich ja “Unternehmerische Verantwortung”. Wie kam es zu der Aufteilung in die Teilmodule Wirtschaftsethik und Klimaschutz?
Wirtschaftsethik wurde an der htw saar nach der Finanzkrise 2008/2009 eingeführt. Man hat damals gemerkt, dass vieles nicht so läuft, wie das eigentlich aus Sicht der Gesellschaft sein sollte; dass es eine Krise gab; dass sich Einzelne auf Kosten der Gesellschaft bereichert haben; dass Unternehmen schlecht gewirtschaftet haben, sodass es beinahe zu einem Totalzusammenbruch gekommen ist. Das hat die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften dazu bewogen, Wirtschaftsethik einzuführen und ich habe mich dafür freiwillig gemeldet.
Das andere ist Klima. Klima ist natürlich noch mal eine Schiene, die jetzt ganz verstärkt hinzugekommen ist. Fridays for Future hat darauf aufmerksam gemacht, es ist aber schon länger bekannt, dass wir durch den Ausstoß von CO2 auf eine Klimakatastrophe hinlaufen.
Sie unterrichten ja auch im Master das Modul “Angewandte Wirtschaftsethik”. Brauchen Studierende dieses Fach und seine Inhalte um das 8. SDG erfüllen zu können oder würden Sie sagen das Bachelor Modul reicht völlig aus?
Dieses Master-Seminar ist ein Schwerpunkt beziehungsweise eine Vertiefung. Wenn Sie das Bachelor-Modul besucht haben, dann würde ich sagen, ist das schonmal mehr als in den meisten anderen Studiengängen gemacht wird. Da wird den Studierenden die Grundmotivation und das Wissen mitgeben, um nachhaltig ethisch zu wirtschaften. Im Master-Seminar bearbeiten wir jedes Jahr ganz neue Themen. Beispielsweise hatten wir jetzt das Thema „Wirtschaft und Ethik in der Zukunft“, also wie wirkt sich künstliche Intelligenz oder Industrie 4.0. auf die Wirtschaft aus, welche ethischen Folgen hat dies und wo besteht Handlungsbedarf. Die Seminararbeiten werden dann als Sammelband am Ende des Semesters zusammengefasst und veröffentlicht.
Schlagwort BNE: Wieso denken Sie, ist ihr Teilmodul Wirtschaftsethik im Bereich nachhaltige Lehre so wichtig, dass es gleich ein Pflichtmodul ist?
Ich denke, es ist wichtig, dass sich Ethik in der Wirtschaft wiederfindet. Die Gewinnmaximierung, die überwiegend noch in der Betriebswirtschaftslehre als einziges Unternehmensziel gelehrt wird, ist zu einseitig. Studierende haben selbst Initiativen gegründet, die einfordern, dass man neben der Gewinnmaximierung auch etwas Gutes mit der wirtschaftlichen Aktivität verbindet und auf jeden Fall Dritte nicht schädigt. Demnach ist es durchaus ein Bedürfnis der Studierenden, in diesem Bereich mehr zu erfahren. Es kann den Studierenden passieren, dass sie in ein Unternehmen kommen, das unethisch arbeitet. Es geht darum zu zeigen, dass sich Ethik kurzfristig nicht immer auszahlt aber langfristig. Das kann man bei verschiedenen Unternehmen beobachten wie der Deutschen Bank oder VW. Wenn etwas schiefläuft, kommt das ja irgendwann raus. Die Gesellschaft wird sich dann entsprechend dagegen wehren. Langfristig betrachtet haben die Unternehmen keinen Vorteil von unethischem Wirtschaften. Wir erleben aber ein Auseinanderfallen der gesellschaftlichen Erwartungen und dem Verhalten einzelner Manager, die teilweise die Unternehmen aufgrund von kurzfristigen Boni in die falsche Richtung steuern, sich also unethisch verhalten. Studierenden sollen sehen, dass so ein Verhalten langfristig nicht die Produktivität erhöht und dass man im Unternehmen darauf achten muss, dass Führungskräfte und Mitarbeiter darauf hinwirken, dass man sich ethisch verhält, sodass es für das Unternehmen, für die Gesellschaft, also für alle am besten ist.
Welche weitere Frage hätten Sie sich denn gewünscht, dass wir sie Ihnen stellen?
Sie haben die Ziele meines Faches beschrieben, die Frage ist nun, wie wird das umgesetzt?
Die anderen Dozenten und ich bauen das Seminar so auf, dass wir erst einmal die Grundlagen klären, das sind die ethischen Bewertungsregeln. Es gibt unterschiedliche Ansätze wie man ein Verhalten mit Wirkung auf Dritte bewerten kann. Diese Bewertungsansätze wenden die Studierenden dann anhand von Case Studies an. Da gibt es ganz verschiedene Themenschwerpunkte, wie zum Beispiel bei der Unternehmensführung die Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, die Wirkung auf Dritte oder die Umwelt sowie der Umgang mit der Gesellschaft. All dies wirkt sich dann auch in der langfristigen Produktivität des Unternehmens aus.
Und dann gibt es natürlich auch ganz einfache Instrumente. Wie kann ich Ethik im Unternehmen verankern? Da haben wir so was wie Leitlinien oder Compliance. Da wäre Siemens ein Beispiel. Siemens hatte einen Korruptionsfall. Das Unternehmen hat daraus gelernt und ein vorbildliches Compliance-System mit einem ethischen Regelwerk eingeführt. Das ist das Besondere an dem Seminar, die Studenten lernen nicht nur und geben dies wieder, sie müssen auch die ethischen Bewertungsregeln anhand von konkreten Beispielen anwenden und selbst reflektieren und daraus für sich eine ethische Meinung formen, so gewinnen sie Ethos.