Lehrmethode

An einem „interdisziplinären Leitprojekt“ arbeiten Dozenten verschiedener Fachgebiete gemeinsam in einer sehr lockeren Weise an einer interdisziplinären Fragestellung. Es ist auf längere Sicht angelegt. Jeder Lehrende identifiziert abhängig von den Lernzielen seines Moduls einen Teilaspekt und realisiert diesen im Rahmen einer Projektarbeit. Dabei geht es nicht vorrangig um die Fertigstellung des Projekts. Das „Leitprojekt“ ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, der einen Rahmen für projektbasiertes, problembasiertes oder forschendes Lernen bietet und gleichzeitig das Erlangen interdisziplinärer Kompetenz ermöglicht.

Beispiel "Turmdrehkran"

Start des Projekts „Turmdrehkran“ ist das Sommersemester 2015. Die Leitidee ist, ein didaktisches Instrument für die Studenten des Bauingenieurwesens zu entwickeln. Es geht dabei um die Planung und die Logistik auf Baustellen und damit um die Schulung von abstraktem Denkvermögen. Dies soll durch Simulation der Wirklichkeit auf der Baustelle mittels eines programmierbaren Mini-Turmdrehkrans erreicht werden. Bisher waren nur Studenten an der praktischen Umsetzung des Projekts beteiligt, in der Regel im Rahmen von Projektarbeiten oder Abschlussarbeiten, selten als Hilfskraft. Diese wurden von sechs Dozenten aus den Bereichen Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik betreut. Kollegen, die bislang am Projekt mitgewirkt haben, sind T. Bertel, P. Böttcher, R. Brocks, B. Heidemann, A. Kunz und V. Schmitt. 

Didaktisches Konzept

Die Methode „Projektarbeit“ und die didaktischen Vorteile werden sehr gut in [1] beschrieben. Es ist nicht leicht, Projektthemen im Kontext eines einzelnen Moduls zu finden: Interdisziplinäre Fragestellungen sind kaum möglich, reale Projekte sind in der Regel zu komplex, didaktische Projekte sind zu künstlich und nicht motivierend. Durch das Leitprojekt findet die Projektarbeit im Kontext eines größeren Projekts statt, von dem ein überschaubarer Teilaspekt bearbeitet wird. Die studentische Motivation wird zusätzlich dadurch erhöht, dass mit ihren Erkenntnissen oder Ergebnissen weitergearbeitet wird. Die Lernenden arbeiten in ihrem Fachgebiet, müssen aber für das Verständnis den interdisziplinären Projektkontext verstehen und berücksichtigen. Nach einiger Zeit kann dann auch mit konkreten Realisierungen an den Schnittstellen gearbeitet werden. So müssen sich z.B. die Informatiker mit Testboards der Elektrotechniker beschäftigen. Die Elektrotechniker bauen die Elektronik in den von Maschinenbauern erstellten Kran ein. Mit geringem Mehraufwand sind so, im Vergleich zu einer auf einem Modul und auf einem Semester beschränkten Projektarbeit, zusätzliche Lernerfahrungen möglich.

Erfahrungen

Eine genaue Spezifikation des Leitprojekts ist beim Start der ersten Projekte nicht notwendig. Auch bei einem von vornherein überschaubaren Projekt ergeben sich unerwartet viele Impulse für interessante Projekte. Didaktisch ist es vorteilhaft, wenn die Studenten an der Detailplanung mitwirken und wenn ihre kreativen Ideen berücksichtigt werden. Dadurch entstehen zwangsläufig verschiedene Lösungen für dieselbe Fragestellung. Unter Umständen möchte in einem Semester auch keine Projektgruppe an einem Thema arbeiten. Der Projektverlauf ist deshalb nicht planbar, was im Grunde nicht negativ ist. Dieses erlaubt eher eine Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Als Dozent muss man sich im Vorfeld seiner Vorlesung über den Stand des Gesamtprojekts informieren. Der dazu kurze Austausch mit den Kollegen ist bereichernd. Dennoch arbeitet man nur mit den Teilnehmern seines Moduls und benotet nach seinen eigenen fachlichen Kriterien. Möglicherweise ergeben sich aus den Projektarbeiten neue Beispiele und Übungsaufgaben, die in anderen Vorlesungen benutzt werden können. Interessierte Kollegen können sich zu jeder Zeit beteiligen.

Diese Lehrmethode, bei der das Projekt nur über Studienleistungen realisiert wird, verzichtet bewusst auf Strukturen, die eine nachhaltige und zielorientierte Entwicklung ermöglichen: Die semesterweise wechselnden Studierendengruppen erschweren eine Kontinuität. Wichtig ist, dass die Lehrenden eine Basis für gute Lehre haben und alle zwanglos an dem Projekt arbeiten können. Sehr gute Gruppenarbeiten liefern regelmäßig vorzeigbare Ergebnisse.

Es ist wahrscheinlich, dass dasselbe Lernsetting auch bei anderen Projektthemen und Studienrichtungen angewandt werden kann.

Literatur

[1] Reich, K. (Hg.), „Projektarbeit“, Methodenpool. In: URL: http://methodenpool.uni-koeln.de, 2008 (abgerufen am 12.9.2019)

Prof. Dr. Reinhard Brocks Technische Informatik
Ingenieurwissenschaften

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